Historisches zum Jakobsweg - Geschichte und Legenden

Nahezu alles, was zur Geschichte des Jakobswegs überliefert ist, muss man mit einem großen Fragezeichen versehen. Mit anderen Worten: Nichts Genaues weiß man.

Es beginnt in der Zeit etwa ab 30 n. Chr..

Jakobus der Ältere, Sohn des Zebedäus und der Salome, war - neben seinem Bruder Johannes (dem Täufer) - einer der zwölf Apostel, also einer der Jesus-Jünger. Er gehörte sogar zu den vier erstberufenen Jüngern, d.h. zu den engsten Vertrauten von Jesus.

Nach Jesus' Tod soll er seine Heimat Palästina verlassen haben, um im fernen Hispanien (auf der Iberischen Halbinsel) die dortigen "Ungläubigen" vom christlichen Glauben zu überzeugen. Er soll aber mit seiner Missionarstätigkeit nicht sonderlich erfolgreich gewesen sein, was ihn zum Abbruch seiner Mission veranlasst haben soll. Nach seiner Rückkehr soll er in der Zeit, als Herodes Agrippa I. über ganz Judäa herrschte, also irgendwann in der Zeit von 41 bis 44 n. Chr., mit dem Schwert enthauptet worden sein. Dieser gewaltsame Tod von Jakobus wird sowohl im Markus- als auch im Matthäus-Evangelium thematisiert. Seine Jünger sollen den Leichnam in ein führerloses Boot gelegt haben, das im Nordwesten Spaniens angelandet sein soll. Er soll ins Landesinnere gebracht und beigesetzt worden sein.

Die Geschichtsforschung hat bisher keinen auch nur annähernd verlässlichen Beleg dafür gefunden, dass sich Jakobus tatsächlich irgendwann einmal im heutigen Spanien aufgehalten hat. Erstmals um das Jahr 600 (im Breviarium apostolorum) wurde knapp erwähnt, Jakobus habe in westlichen Ländern, u.a. in Spanien, gepredigt. Andere Autoren übernahmen diese Geschichte.

Die Behauptung, sein Leichnam sei nach Spanien gelangt und dort beigesetzt worden, tauchte gar erst zum Beginn des 9. Jahrhunderts in einer Schrift auf, in der davon die Rede ist, dass man - um 820 - das jahrhundertelang in Vergessenheit geratene Jakobus-Grab gefunden habe. Über dem Grab soll zunächst eine Kapelle errichtet worden sein, später eine Kirche und sodann die Kathedrale, um die der nach Jakobus benannte Ort Santiago ("Sankt Jago") de Compostela entstanden sein soll.

Jetzt wurde Jakobus zunehmend als Nationalheiliger verehrt, wobei er unterstützend in verschiedene kriegerische Auseinandersetzungen eingegriffen haben soll. Es war die Zeit der Besetzung Spaniens durch die aus Nordafrika stammenden Mauren, die dort seit 711 mehr und mehr die Herrschaft übernommen hatten und für eine nachhaltige Dominanz der Araber in großen Teilen des Landes sorgten, die erst im 15. Jahrhundert endgültig beendet war. Jakobus erschien dabei in zahlreichen Erzählungen nicht nur als Kriegshelfer der Christen gegen die afrikanischen Besatzer (als matamoro = "Maurentöter"), beispielsweise in der Schlacht um Clavijo (844), sondern auch als Kämpfer gegen christliche Feinde. Diesem zweifelhaften Ruf von Jakobus als Krieger begegnen die Pilger auch heute noch an verschiedenen Stationen des Jakobswegs. Beispiele dafür finden sich u.a. auf dem Relief über dem Hauptportal der Santiago-Kirche in Logroño, in der Kirche Santa Maria in Belorado und im Bischofs-Palais in Astorga (sämtlich Etappenzielorte der Busecker Radler in den Jahren 2011 und 2015).

Erstmals im Jahr 1047 wurde die nordspanische Verkehrsachse zwischen West und Ost erwähnt, wobei sie sogleich als "Jakobsweg" bezeichnet wurde, und zwar in einer Urkunde des Hospitals von Arconada („Weg, der seit alten Zeiten von Pilgern des hl. Jakobus und Peter und Paul begangen ...“). Mit diesem Weg wird also gleich bei der ersten urkundlichen Erwähnung sogleich das Jakobus-Grab in Verbindung gebracht.

Es entstand eine der größten christlichen Pilgerbewegungen, an deren Zielpunkt in Santiago de Compostela etwa ab 1075 mit dem Bau einer romanischen Kathedrale begonnen wurde, die nach ihrer Fertigstellung um 1120 Sitz eines Erzbischofs wurde. Nachdem der Pilgerstrom nach der ersten Hochphase (im 11. und im 12. Jahrhundert) nachgelassen hatte, nahm er im 15. Jahrhundert in erheblichem Maße zu. Die Kirche hatte besondere "Gnadenjahre" eingeführt, in denen den Besuchern der Pilgerstätte ein vollkommener Ablass hinsichtlich Ihrer Sünden gewährt wurde. Dass auf diese Weise - durch ein spezielles "Sonderangebot" - Pilger aus ganz Europa mobilisiert wurden, dürfte auf kommerzielle Überlegungen zurückzuführen sein. Vermutlich brauchte man Geld. Heute würde man es als PR-Aktion zur Tourismusbelebung bezeichnen.

Als auch diese Pilgerwelle vorüber war, gab es etwa zur Mitte des 17. Jahrhunderts einen erneuten Aufschwung. Gleichzeitig erfolgte ein umfänglicher Aus- und Umbau der Kathedrale, die im Zuge dieser Maßnahme mit einer neuen Nordfassade ausgestattet wurde.

Mit den Napoleonischen Kriegen zum Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Pilgerverkehr auf dem Jakobsweg nahezu vollständig eingestellt, bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts die nächste Wiederbelebung folgte. Diese hatte man hauptsächlich Papst Leo XIII. zu verdanken. Im Jahr 1879 fand man endlich wieder die Gebeine von Jakobus (bzw. das, was man als diese bezeichnet hatte), die man im Jahr 1589 aus Furcht vor einem englischen Seeangriff zu gut versteckt hatte, so dass sie rund 300 Jahre lang verschollen geblieben waren. Papst Leo XIII. löste die neue Pilgerwelle auf dem Jakobsweg aus, indem er 1884 die Echtheit der wieder aufgefundenen Reliquien anerkannte und diese Erklärung im gesamten christlichen Europa verbreiten ließ. Besser hätte man damals die Werbetrommel nicht rühren können.

Im Jahr 1937 erklärte General Franco das Fest des Heiligen Jakobus zum spanischen Nationalfeiertag, womit er sich allerdings ganz sicher nicht von christlichen Motiven leiten ließ, sondern einzig eine Instrumentalisierung für seine nationalistischen Bestrebungen im Sinn hatte.

Auch diese Zeit ist zum Glück schon lange überwunden.

Seit rund 40 Jahren wird der Jakobsweg zunehmend von Menschen aus aller Welt zwar hauptsächlich originär als Pilgerweg mit dem Ziel, das Jakobus-Grab in der Kathedrale von Santiago de Compostela zu besuchen, benutzt, aber auch von vielen anderen Menschen, für die nicht unbedingt in erster Linie religiöse Motive maßgeblich sind, sondern vielleicht eher kulturelle Interessen, der Wunsch, etwas gemeinsam mit Freunden zu unternehmen, oder auch das Bestreben, den Weg allein nur im Dialog mit seinen eigenen Gedanken zurückzulegen.

Bei unseren Busecker Radpilgern dürfte von all dem etwas dabei sein, vor allem aber auch die Entschlossenheit, gemeinsam eine körperliche Herausforderung anzunehmen, und ein wenig Abenteuerlust - gespannt darauf, was der kommende Tag Neues und Überraschendes bringen wird.

 
     

 

Die Camino-Fahrer bedanken sich bei den nachstehenden Firmen für die freundliche Unterstützung.
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